Meine Definition von Pferdemensch
Welche Zutaten braucht man, um aus einem Menschen einen Pferdemenschen zu machen? Oder aus einer Reiterin beziehungsweise einem Reiter einen zu formen? Denn nicht jeder, der reitet, ist auch automatisch ein Pferdemensch. Andererseits können Personen, die nicht reiten, durchaus tolle Pferdemenschen sein.
Die wichtigste Zutat sei hier einmal zuerst genannt: absolut bedingungslose Pferdeliebe. Mit bedingungslos meine ich, dass das Pferd um seiner selbst willen geliebt wird, unabhängig davon, ob es reitbar ist oder vielleicht nicht. Und dass diese Liebe das Motto beinhaltet „In guten wie in schlechten Zeiten und bis dass der Tod uns scheidet“. Denn Pferdeliebe bedeutet vor allem, sich seiner Verantwortung für diese wundervollen Lebewesen bewusst zu sein. Und zwar immer. Bis zum Schluss. Ein echter Pferdemensch hat das Wohl seines Schützlings stets im Blick und handelt entsprechend.
Dann sollte ein Pferdemensch sich ganz genau damit beschäftigen, was das Pferd für ein Tier ist und welche Bedürfnisse befriedigt werden müssen, damit es ein gesundes und glückliches Leben führen kann. Ja, genau: ein GLÜCKLICHES Leben. Und die Abwesenheit von Hunger, Durst oder Schmerzen reicht nicht aus, um glücklich zu sein, da gehört schon ein bisschen mehr dazu. Ein Pferdemensch muss also büffeln und Theorie pauken. Er weiß, dass er sich auf eine lebenslange Expedition begeben hat, die einzig das Ziel verfolgt, möglichst viel über Pferde herauszufinden. Wissen schützt vor Fehlern und verhindert Tierleid.
Außerdem ist es unerlässlich, sich mit sich selber auseinanderzusetzen. Denn Pferde fühlen sich nur bei Menschen wohl, die ausgeglichen und authentisch sind. Ein Pferdemensch versucht also, dem Ideal eines Leittieres in einer Herde zu entsprechen. Ruhe, Beständigkeit und Präsenz sind hier die Hauptzutaten. Dass diese auch sonst im Leben hilfreich sind, ist ein schöner Nebeneffekt.
Wenn Probleme auftauchen, schaut ein Pferdemensch immer zuerst bei sich nach den möglichen Ursachen. Nie beim Pferd. Er weiß, dass Schwierigkeiten grundsätzlich menschengemacht sind, denn Pferde streben immer nach Harmonie in einer Gemeinschaft. Sollte ihnen das nicht möglich sein, hat das immer etwas mit den Bedingungen zu tun, unter denen sie leben müssen.
Wenn dein Pferd einen Fehler macht, so suche die Ursache bei dir. Und solltest du sie nicht finden, dann suche gründlicher.
Einem Pferdemenschen geht es nicht nur ums Reiten. Er geht auch gerne mit seinem Pferd spazieren oder probiert andere Dinge aus. Das Wichtigste ist für ihn, mit seinem Pferd zusammenzusein. Völlig egal, wie dieses Zusammensein aussieht. Außerdem scheut er kein Wetter, und sei es noch so extrem. Sturm, knietiefer Schlamm, Eisregen - den Pferdemenschen trifft man bei jeder Wetterlage draußen an. Während er vor lauter Pferdeliebe gerne mal das Essen vergisst, steht für das Pferd stets eine warme Mahlzeit bereit. Auch am Wellnessprogramm wird nicht gespart: Physiotherapie, Bioresonanz, Magnetfelddecke… Gerne greift der Pferdemensch hier tief in die Tasche und verzichtet dafür auf das Wochenende im Spa-Hotel.
Pferdemenschen lieben alle Pferde, nicht nur das eigene. Sie schauen nicht weg, wenn irgendwo ein Pferd Hilfe braucht. Sie handeln. Von den Nicht-Pferdemenschen fühlen sich die Pferdemenschen oft nicht verstanden, deswegen umgeben sie sich gerne mit ihresgleichen. Hier können sie ungehemmt endlos über ihre Lieblinge reden, ohne genervtes Augenrollen hervorzurufen. Eine Partnerschaft zwischen einem Pferdemenschen und einem Nicht-Pferdemenschen kann sehr herausfordernd sein, erfordert sie doch ein hohes Maß an Toleranz und Akzeptanz dieser besonderen Liebe gegenüber. Die Frage „Wen liebst du eigentlich mehr, mich oder den Gaul?“ sollte sicherheitshalber nie gestellt werden. Beziehungen zwischen Pferdemenschen und anderen Tiermenschen funktionieren dagegen meist gut, hier surft man auf derselben Welle.
Oh - nun bin ich ein bisschen abgedriftet und habe ein kleines Augenzwinkern in den Text mit eingebaut. Aber das führt uns zu einer weiteren wichtigen Zutat: Humor. Über sich selber schmunzeln zu können und nicht immer alles gleich so ernst zu nehmen, fügt dem Ganzen noch eine Prise Leichtigkeit hinzu. Und fertig ist der Pferdemensch.